Digitale Gebäudesteuerung und Gira:

Vor 30 Jahren schlug die Geburtsstunde des Smart Home

von Moritz Hell

Von unterwegs per Smartphone-App die Wohnzimmertemperatur regeln; Nachschauen, wer gerade an der Haustür geklingelt hat; via Sprachsteuerung die Musikanlage bedienen; beim Verlassen des Hauses alle Lichter in den eigenen vier Wänden auf einen Schlag ausschalten; Jalousien, die je nach Sonneneinfall selbsttätig hoch- oder herunterfahren – nach wie vor klingen diese Szenarien nach Zukunftsmusik. Dabei wurden die Grundlagen für das vernetzte Smart Home bereits vor 30 Jahren gelegt. Maßgeblich mit daran beteiligt war der Gebäudetechnikspezialist Gira aus Radevormwald in Nordrhein-Westfalen.

Pionierarbeit »Made in Germany«

In dem mittelständischen Technologieunternehmen waren es seinerzeit vor allem die beiden Geschäftsführer Werner und Helmut Giersiepen, die – ausgestattet mit einem Gespür für zukünftige Marktentwicklungen – in der Gebäudeautomation und vernetzten Haustechnik sowohl von Gewerbe- als auch Wohnbauten große Chancen sahen. „Beide haben Ende der 1980er Jahre erkannt, dass das damals noch ganz in seinen Anfängen steckende World Wide Web bis dahin unbekannte Möglichkeiten für die vernetzte Elektroinstallationstechnik erschließen, aber eben auch ganz neue Anforderungen mit sich bringen würde“, erinnert sich Diplomingenieur Karl Harald Kleinert von der Gira-Akademie an die Anfänge des Smart Home vor drei Jahrzehnten.

Auch angesichts der Herausforderungen haben die Geschäftsführer damals bewusst den Zusammenschluss mit anderen Herstellern gesucht. Neben Gira gehörten die Schalterhersteller und also Mitbewerber Berker, Jung und Merten sowie Siemens zu dieser Gruppe von Vorreitern der digitalen Gebäudesystemtechnik. Ziel ihrer Zusammenarbeit war es, gemeinsam ein herstelleroffenes System zur Vernetzung und Steuerung von Gebäudefunktionen zu schaffen. Getragen wurde die Zusammenarbeit der Konkurrenten von der Vision, mit gemeinsamen Anstrengungen und gemeinsam finanzierter Entwicklungsarbeit einen Markt zu erschließen, der damals nur in sehr bescheidenen Ansätzen vorhanden war.

Globaler Standard

Das Vorhaben wurde ein Erfolg: Aus der Kooperation der Konkurrenten ist ein System entstanden, das 1990 einen Siegeszug rund um den Globus angetreten hat. KNX, das zunächst Instabus, dann Europäischer Installationsbus (EIB) hieß, ist heute weltweiter Standard, wenn es um die digitale Vernetzung von Gebäuden geht. 495 Hersteller auf allen Kontinenten gehören dem KNX-Netzwerk an und tragen mit über 8.000 intelligenten KNX-Produkten zur digitalen Automation von Großbauten wie etwa der Hamburger Elbphilharmonie oder des Stephansdoms in Wien, aber auch zahlloser privater Smart Homes bei. Dafür sorgen weltweit rund 90.000 sogenannte Systemintegratoren, die auf die Programmierung, Parametrierung und Installation intelligenter Lösungen für Smart Buildings nach dem KNX-Standard spezialisiert sind.

Dabei besitzt das aus den Anfängen stammende Grundprinzip eines herstelleroffenen Systems bis heute uneingeschränkte Gültigkeit: Alle Entwicklungsdokumente, die ein Hersteller von KNX-Produkten benötigt, sind frei zugänglich – sowohl für Großunternehmen als auch für kleine Nischenanbieter oder junge Start-ups. Ebenso steht allen Mitgliedern der KNX-Vereinigung seit den frühen 1990er Jahren eine einheitliche Programmiersoftware zur Verfügung. „Mit der standardisierten Engineering-Tool-Software, der ETS, ist sichergestellt, dass sich Komponenten verschiedener Hersteller miteinander verständigen können und somit problemlos interagieren“, erklärt Diplomingenieur Kleinert.

Internetanbindung für die Gebäudetechnik

Ein gewaltiger Sprung nach vorn in der digital vernetzten Gebäudetechnologie ist einer Entwicklung aus Radevormwald zu verdanken. Vor 20 Jahren präsentierte Gira mit der zweiten Generation seines »HomeServers« das damals weltweit wohl erste Gerät, das die Haustechnik direkt an das Internet anbinden konnte. „Hier wuchs zusammen, was zusammengehört. Denn Steuerung und Bedienung wurden dadurch deutlich einfacher“, ist Markus Fromm-Wittenberg, bei Gira für die Entwicklung des Homeservers verantwortlich und Mitglied im Vorstand von KNX Deutschland, überzeugt. Nicht von ungefähr hat das in über 40 Ländern aktive Technologieunternehmen seinen Homeserver – mittlerweile in der vierten Generation – nach wie vor im Programm und mit dessen »kleinem Bruder«, dem kompaktem Gira X1, inzwischen ein zusätzliches Marktsegment erschlossen.

Anfang des 21. Jahrhunderts folgten in schneller Abfolge die Einbindung zunächst von Handys, dann Smartphones und Tablets. „Vor allem die Bedienung über Apps hat Komfort und Visualisierung verbessert und das Handling deutlich vereinfacht“, hebt Entwickler Fromm-Wittenberg hervor.

Eine Nasenlänge voraus

Dass KNX auch 30 Jahre nach Gründung nicht in die Jahre gekommen ist, liegt daran, dass der Standard sowohl für aktuelle technologische Entwicklungen – zum Beispiel mit Blick auf das »Internet der Dinge« – als auch für wechselnde Anforderungen des Marktes offen bleibt und beständig weiterentwickelt wird. So sorgt etwa KNX IP Secure für Datensicherheit im vernetzten Gebäude – „als weltweit erste hersteller- und anwendungsunabhängige Lösung gemäß der Norm EN ISO 22510“, erklärt Markus Fromm-Wittenberg, „womit wir anderen wieder die berühmte Nasenlänge voraus sind.“

www.gira.de

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