Verbrauchsskandal bei Heizkesseln?

von Sandra Eisner
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Eigentlich ist ein Wirkungsgrad sehr einfach definiert: Ein Energiewandler wandelt eine vorhandene zugeführte Energieform bzw. Leistung (Eingangsgröße Ezu bzw. Pzu ) in eine andere, für den gewünschten Zweck nutzbare abgegebene Energieform bzw. Leistung (Ausgangsgröße Eab bzw. Pab) um. Der Wert der Ausgangsgröße wird dann ins Verhältnis zur Eingangsgröße gesetzt und diese dimensionslose Verhältniszahl wird Wirkungsgrad genannt.

 

 

 

 

Der Wertebereich des Wirkungsgrades ist eingeschränkt: Er kann nie negativ sein (im ungünstigsten Fall ist die Ausgangsgröße gleich Null) und aufgrund des Energieerhaltungssatzes auch nie 1 (oder 100 %) erreichen, da immer Verluste auftreten werden. Ein Perpetuum Mobile gibt es bekanntlich nicht – scheinbar außer bei Heizkesseln (aber dazu später).

Was nun so einfach klingt und bei elektrischen Geräten auch ganz klar zu definieren und zu messen ist, wird bei Kesseln absolut verwirrend. Hier gibt es erst einmal den Feuerungstechnischen Wirkungsgrad ηFTW. Dieser wird über die zugeführte Energie (Brennwert) und aufgrund der einfacheren Messbarkeit über die Abgasverluste bei Nennlast definiert. Diese setzen sich zusammen aus der in den heißen Abgasen steckenden thermischen Energie und den unverbrannten und daher ungenutzten Resten (dem äußerst giftigen Kohlen­monoxid CO und dem auch nicht gesunden Ruß bzw. Feinruß = Feinstaub) in den Abgasen. Die Bezugsgröße ist definitionsgemäß der Heizwert des Brennstoffes.

 

 

 

Der Kesselwirkungsgrad hK berücksichtigt neben den Abgasverlusten noch den Wärmeverlust (auch wieder bei Nennlast) des Kessels am Aufstellungsort, der auch nicht am Kesselausgang genutzt werden kann.

 

 

 

Dabei sind aber zwei Punkte fragwürdig:
Wann wird ein Kessel bei Nennlast betrieben? Moderne Regelungen und in der Leistung regelbare (»modulierbare«) Kessel sind die weit überwiegende Zeit des Jahres in Teillasten in Betrieb. In diesen funktioniert die Verbrennung nicht so ideal wie bei Nennlast und die Verluste sind höher und der Wirkungsgrad daher geringer.
Der Bezugswert Heizwert ist physikalisch nicht korrekt. Der Heizwert eines Brennstoffes lässt die bei der Verbrennung in großen Mengen entstehenden heißen Wasserdampf enthaltene Energie unberücksichtigt, da sie historisch gesehen als »nicht nutzbar« eingestuft wurde. Eingekauft und verbrannt wird aber der Brennwert (wie schon die Bezeichnung »Brennstoff« aussagt), der erst in der Brennwerttechnik zum Teil ausgenutzt wird. Der physikalisch korrekte Wirkungsgrad eines Kessels ist also

 

 

 

Spielen wir das für einen Erdgaskessel durch: Der Unterschied zwischen Heiz- und Brennwert beträgt 11 %. Bei einem physikalischen Wirkungsgrad von 80 % wird aber ein Kesselwirkungsgrad von 100/89 x 80 % = 90 % ausgewiesen; ganz nach dem Motto: »Darf’s ein bisserl mehr sein?«
Bei moderner Brennwerttechnik wird der Wirkungsgrad erhöht, indem die Zuluft über die Kondensationsenergie des im Abgas enthaltenen Wasserdampfes angewärmt wird, womit der physikalische Wirkungsgrad auf über 90 % (beispielsweise 92 %) ansteigen kann. Dabei wird in dem angegebenen Kesselwirkungsgrad nun der Vogel abgeschossen; er beträgt dann 100/89 x 92 % = 103 %. Bravo; die Grundsätze der Physik scheinen aufgehoben zu sein…

Wer diese Definitionsfehler nicht erkennt, berechnet dann den Verbrauch seiner Heizungsanlage falsch. Elektroheizungen schaffen echte und ehrliche 100 %, weil sämtlicher eingekaufter »Brennstoff« (elektrischer Strom) in (Joule’sche) Wärme gewandelt wird. Infrarotheizungen schaffen auch echte und ehrliche 100 %, brauchen aber aufgrund der erhöhten physiologischen Wirksamkeit um rund 30 % weniger Energie. Das ist eine Ansage und hier braucht nicht geschummelt zu werden.

Text: Günther Hraby

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0 Kommentar

Gustav Albrecht 18. April 2016 - 19:30

Es gibt Sachen, die man einmal in der Schule lernt und dann so nimmt. Eine davon ist, wie die DEFINTION des Heizwertes bei Gas (und auch Öl und auch Holz) erfolgt und wie es auch für den Brennwert erfolgt. Der Brennwert hat was mit dem gebundenen Wasserstoff zu tun. Aber mit Skandal hat das nichts zu tun. Peinlich wird es aber, von der Vergleich unvollständig oder falsch ist, und dabei auf die Zuluft verwiesen wird. In diesem Fall ist die Temperatur des Rücklaufes bei der Heizung egal. Dem ist es aber nicht so. Aber sei es egal – vielleicht hat sich der Schreiber da nicht so gut ausgekannt.

Witzig ist aber schon, diese gleichzeitige Glorifizierung der Infrarotheizung und einem angeblich geringerem Energieverbrauch. Ja- während der Heizperiode kommt der Strom aus der PV Anlage – upps – aus dem kalorischem Kraftwerk und hat einen Primärenergiefaktor von ca. 40% (ohne Netzverluste gerechnet.) Jetzt tue ich mir da auch ein wenig mit der Einsparung schwer. Letztlich kommt es bei allen Varianten der IR Heizung zu höheren Heizkosten als mit anderen Systemen. Das ist eine andere Geschichte, oder war es das Skandal der Geschichte. etwas anderes dabei schlecht zu machen.

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