Künstliche Beleuchtung:

Kann sie Störungen verursachen?

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Melatonin taktet die innere Uhr – dank eines hohen Melatoninspiegels werden wir abends müde. Forschende vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) haben in einem internationalen Team Daten zur Auswirkung von Lichtverschmutzung auf die Melatoninbildung beim Menschen und bei Wirbeltieren ausgewertet. Das Ergebnis: Selbst die niedrigen Lichtintensitäten einer städtischen Lichtglocke reduzieren die Bildung des sogenannten Dunkelhormons.

Melatonin prägt den Tag-Nacht-Rhythmus beim Menschen und bei Wirbeltieren. Organe, Gewebe und Zellen stellen abhängig von der Konzentration dieses Hormons ihre innere Uhr. Melatonin steuert auch Prozesse wie Fortpflanzung und Wachstum. Über Lichtrezeptoren, beispielsweise auf der Netzhaut im Auge, nehmen Wirbeltiere und der Mensch Unterschiede in der Helligkeit ihrer Umgebung war. Wenn viel Licht auf die Rezeptoren wirkt, wird die Bildung von Melatonin unterdrückt – bei Dunkelheit wird viel Melatonin gebildet.

Die Empfindlichkeitsschwelle beim Menschen liegt bei 6 Lux, Straßenbeleuchtung strahlt meist heller

Künstliches Licht bei Nacht kann den Melatoninhaushalt stören, wenn mit der Dunkelheit eigentlich die Melatoninproduktion einsetzen sollte. Die Forschenden identifizierten im Rahmen einer Literaturrecherche aus 1900 Studien 72 relevante Arbeiten, die ihre Kriterien zur Untersuchung von Lichtverschmutzung erfüllten. Sie zeigen anhand der Datenlage, dass bereits sehr geringe Lichtintensitäten die Ausschüttung des Melatonins unterdrücken: bei Fischen liegt die Schwelle bei 0,01 Lux, bei Nagern bei 0,03 Lux und bei empfindlichen Menschen bei 6 Lux; bei Licht mit einem hohen Blaulichtanteil sogar weit darunter.

Dazu im Vergleich die Beleuchtungsstärken, die die Lebewesen in der Nacht erfahren: In einer sternenklaren Nacht liegt die Beleuchtungsstärke bei 0,001 Lux. In einer Vollmondnacht erreicht sie ein Maximum von 0,3 Lux. Die Lichtglocke einer Stadt kann Beleuchtungsstärken bis zu 0,1 Lux, eine Straßenbeleuchtung mehr als 150 Lux erreichen.

„Das Erstaunliche ist, dass schon die sehr geringen Intensitäten der Lichtglocke einer Stadt ausreichen, um bei bestimmten Wirbeltierklassen wie Fischen und Nagern die Melatoninproduktion zu unterdrücken“, sagt die Erstautorin Dr. Maja Grubisic vom IGB. „Von dieser Art Lichtverschmutzung sind weltweit große Areale betroffen, wie wir aus der Auswertung von Satellitendaten wissen“, ergänzt ihr Kollege Dr. Andreas Jechow. Denn das Licht von künstlicher Beleuchtung strahlt in den Himmel und wird an Wolken und Partikeln reflektiert, wodurch eine große Lichtglocke entsteht.

Die Forschenden stießen bei ihrer Datenauswertung auch auf Wissenslücken: „Bisher gibt es keine Studien zu den Folgen von Lichtverschmutzung auf die Melatoninbildung bei Reptilien und Amphibien, Langzeitfolgen sind bis dato wenig erforscht worden. Und insbesondere die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sind noch nicht hinreichend verstanden“, stellt IGB-Forscher Dr. Franz Hölker fest, der die Studie geleitet hat.

Ach, wie schlafen eigentlich Fische? Auch das wissen Franz Hölker oder Andreas Jechow.

Quelle: Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

Weitere Informationen auf:

www.igb-berlin.de

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