Wie LiFi, 3D-Druck und Horticulture Signify zum Ertragsprimus machen sollen:

„Hauptsache, Sie machen Stimmung!“

von David Lodahl
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Wie gelingt es, ein Team von Produktverkäufern dazu zu bringen, Serviceverträge zu verkaufen? Dass es klappen kann, zeigt das Beispiel Signify. Das Unternehmen, das vor nicht allzu langer Zeit noch Philips Lighting hieß und mittlerweile „gutes Geld mit neuen Technologien verdient“, wie der DACH-Chef Karsten Vierke vor dem i-Magazin-Mikro verriet, hat sich vom Lichtanbieter zur Innovationsschmiede entwickelt. Mit erstaunlichen Konzepten und technischen Hinguckern, wie wir meinen.

Licht ist für Karsten Vierke Sprache, oder auch ein Mittel zur Kommunikation. Längst vorbei sind die Zeiten, als Philips Lighting mit Osram den Leuchtmittelmarkt dominierte. Während das eine Unternehmen die Cashcow verkaufte und mittlerweile hauptsächlich durch Übernahmespekulationen in den Medien Beachtung findet, hat Signify das Lampengeschäft genutzt, um die Mittel dazu zu verwenden, den Weg eines klassischen Lichtanbieters verlassen zu können – LiFi, als neue Technologie, Daten per Licht zu übertragen, ist nur einer davon.

Jetzt ist alles klar! In Karsten Vierkes Ära gab es etliche Personalentscheidungen, die auf den ersten Blick für Unverständnis sorgten. Auch die Crew in Österreich war letztlich davon betroffen. Während der Markt die Trennung von Rudi Koch und Norbert Kolowrat vor einigen Monaten noch mit einem Kopfschütteln quittierte, wird langsam aber sicher klar, welche Gründe sich hinter dieser Entscheidung tatsächlich verbargen. Nach den disruptiven Veränderungen am Lichtmarkt im Jahr 2008 mit der Einführung der LED läutete das Jahr 2018 ein weiteres epochales Branchenbeben ein: Licht als Sprache bedeutete einen völligen Umdenkprozess im Hause Signify und damit auch für das Team von Vierke. Letztlich waren es aber nicht nur alleine die neuen Technologien, die dafür sorgten, dass Vierke Handlungsbedarf hatte. Auch der Abschied aus manchen Spartengeschäften wie der Rückzug aus dem Healthcare-Bereich vor rund fünf Jahren („hätten Know-how zukaufen müssen“, so Vierke im O-Ton) ließ das Pendelin Sachen Vertriebsstrategie und damit auch für die Zusammensetzung der Mannschaft deutlich in eine andere Richtung ausschlagen.

Turbulenzen in der Lichtbranche

Die Umsatzrückgänge in den letzten Quartalen verunsichert das Management von Signify keineswegs. „5/6 der größten globalen Unternehmen der Beleuchtungsbranche veröffentlichten einen Umsatzrückgang im zweiten Quartal 2019“, verweist Vierke auf die allgemein angespannte Situation bei der Konkurrenz. Aber während die klassischen Lichtanbieter dem Preisverfall ihrer Produkte teilweise nur wenig entgegenzusetzen haben, geht das EBITA von Signify nach oben. Und zwar nicht nur, weil das Unternehmen innerhalb eines Jahres gleich zweimal eine Preiserhöhung durchgezogen hat:

Nicht ohne Grund – bei einem weltweiten Umsatz von ca. 1,5 Milliarden Euro alleine in Q3 2019 musste Signify zwar einen Rückgang von 5 Prozent einstecken, verzeichnete aber gleichzeitig ein EBITA von rund 169 Millionen bzw. eine Profitabilität von 11 Prozent. Zukäufe in den USA (Cooper Lighting Solutions – die Nummer 2 am US-Markt – bzw. iLox und Once iLox) sowie in Asien (Wiz und KLite) alleine im Jahr 2019 zeigen, dass Signify nicht nur von technologischen Veränderungen profitiert, sondern auch extern wachsen will. Ein gutes Beispiel dafür, dass der Konzern von den Schwankungen am Markt kaum betroffen zu sein scheint, ist auch die Entwicklung im Consumer-Bereich, in dem die Preise täglich zu purzeln scheinen.
Nicht so bei Hue“, betont Vierke, der die Kontinuität der eigenen Consumer-Marke damit begründet, dass das System einfach mehr kann als die Produkte der Konkurrenz. Es ist aber nicht nur die Qualität, die Vierke optimistisch stimmt, sondern auch die Quantität:„Die Zahl der deutschen Haushalte, die eine Hue nutzen, steigt stetig an“, macht klar, wo man bereits steht und wohin die Reise in Anbetracht der Offenheit des Systems aber auch noch hingehen kann.

Horticulture ist einfach geil

Das Geschäft mit den Pflanzen ist am Boomen, oder um es mit den Worten von Vierke zu sagen, „es wächst wie verrückt“. Die Gründe dafür liegen für Signify auf der Hand: Die ständige Zunahme der Weltbevölkerung, die Urbanisierung, die begrenzte Verfügbarkeit von Wasser, die Überfischung der Flüsse, Seen und Meere und die Forderung nach einer Lebensmittelsicherheit bzw. einem -schutz erfordern ein Umdenken am Agrarsektor. Dieser Umbruch lasse sich laut Vierke durch »Horticulture« – eine Unterstützung des Pflanzenwachstums durch eine spezielle Form der Beleuchtung – erzielen. Beispiele dafür, dass Licht auch in der Landwirtschaft für einen Umbruch sorgen kann, gibt es bereits. Neben einer signifikanten Energieeinsparung von rund 40 Prozent durch einen Eins-zu-eins- Austausch von HPS- auf LED-Toplighting punktet das System auch noch durch andere Faktoren: Ein deutlich höherer Ernteertrag bei gleichzeitiger Vermeidung von Pestiziden, einen um 90 Prozent geringeren Wasserverbrauch und die Möglichkeit, Pflanzen auf kleinem Raum auch in der Stadt anbauen, sie damit lokal nutzen und Transportaufkommen künftig reduzieren zu können, sprechen für sich. Künftigen Cityfarmern wird damit die Gelegenheit geboten, »Lichtrezepte« für unterschiedliche Kulturen auf verschiedenen Gestellen platzsparend einzustellen. Doch damit nicht genug – Licht, das die Sommersonne nachahmt, wird vermehrt dazu herangezogen, um auf Fischfarmen ein gesundes Wachstum der Tiere, niedrige Futterkosten, weniger Infektionen und sauberes Wasser zu gewährleisten.

Datenturbo übers Licht

Dass es Signify ernst meint, das Geschäft der Datenübertragung per Licht voranzutreiben und sich damit auf ein unbekanntes Terrain vorwagt, zeigt alleine die Tatsache, dass mit »TruLiFi« ein eigener Brand geschaffen wurde. Die Technologie ist mittlerweile über das Erprobungsstadium hinaus: Im Hamburger Volksparkstadion, der Heimstätte des Fußballclubs Hamburger SV, installierte Signify TruLiFi, um die Journalisten mit Datenraten von 150 MBit/s zu versorgen.

TruLiFi steht derzeit in keinem direkten Wettbewerb zu WLAN. Allerdings lässt es sich im Gegensatz zu WLAN nicht hacken und die Bandbreite von Lichtwellen im Vergleich zu Radiowellen ist 1.000mal größer – das Lichtspektrum bietet also wesentlich mehr Platz für die Datenübertragung von heute und morgen“, so Vierke, der allerdings auch eingesteht, dass der aktuell 5x höhere Preis noch eine gewisse Hemm- schwelle für Kunden darstellt. Kooperationen mit Vodafone, die gerade die 5G-Technologie in Deutschland ausrollen (für den komplementären Betrieb von 5G und LiFi), Latécoére, mit denen man künftig Passagiere in Flugzeugen mit Internet versorgen möchte (die Technologie stört keine Computer an Bord und kann daher ungehemmt genutzt werden) und Ellamp im Bus- und Bahnbereich sollen dafür sorgen, dass TruLiFi zum Renner für Signify wird – davon ist auch Vierke überzeugt: „Wir halten mit dieser Technologie Gold in unseren Händen. Jetzt gilt es, sie auch am Markt und in den verschiedensten Sektoren zu positionieren.

Leuchten aus dem 3D-Drucker

Sie sind ein bisschen größer als Schuhkartons und zaubern im Nu aus dem Nichts jeden beliebigen Teil einer Leuchte. 3D-Drucker sind in der Gegenwart angekommen und längst über den Stellenwert eines netten Spielzeugs hinaus.
Diese Technologie will sich nun auch Signify zu Nutze machen. 3D-Druckereien im niederländischen Maarheeze, Noida in Indien, Jakarta in Indonesien und US-amerikanischen Burlington sollen die Kunden künftig auf Knopfdruck mit Leuchten nach Wunsch versorgen – laut Signify zu Preisen, die manchmal sogar günstiger sind als von Serienprodukten. Auch der Großhandel hat Lunte gerochen – so ist es vorstellbar, dass künftig statt der abgepackten Leuchten in den Regalen des Großhandels 3D-Drucker stehen, die in überschaubarer Zeit Leuchten oder auch nur Teile dafür drucken, die in Stückzahl, Form, Farbe und teilweise auch Material vom Kunden vorgegeben werden. Erstes Interesse soll es laut Vierke bereits geben – mit einem Großhändler aus der DACH-Region führt man aktuell Gespräche. Signify will mit diesem Service nicht nur für enorme Flexibilität sorgen, sondern trägt damit zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes und der Materialverschwendung bei. Apropos Material – das stammt von alten nicht mehr gebrauchten CDs.

Die Hue für die Profis Als »OneProf« bezeichnet Signify die Distributionsstrategie für den Vertriebskanal Professional: „Seit zwei Jahren vertreiben wir im DACH- Raum unsere komplette Range über den Großhandel. Vieles, was wir heute über den Großhandel verkaufen, hätten wir in der Vergangenheit unter Garantie direkt verkauft“, zeigt sich Vierke ehrlich. Vom simplen Produktverkauf bis zum Projektgeschäft – Signify hat sich laut eigener Aussage nahezu zu 100 Prozent dem dreistufigen Vertrieb zugewandt.

Mit Interact Pro hat Signify eine Serie im Portfolio, die das Ziel, im Jahr 2020 alle LED-Pro- dukte aus dem Sortiment vernetzt oder vernetzbar anzubieten, bereits seit längerem greifbar macht – die anfänglichen Bugs hat Signify nun im Griff: „Interact Pro ist unsere Hue für den professionellen Bereich. Nach den technischen Problemen zum Start der Serie läuft das System nun stabil“, beteuert Vierke und garantiert auch in Sachen Interact Pro, dem Großhandel die Treue zu halten.

Aufgelegter Elfer

Neuer Schwung dürfte nun auch in den Geschäftsbereich der Stadionbeleuchtung kommen – mit der bevorstehenden Europameisterschaft und den damit in Verbindung stehenden Vorgaben der UEFA, die Stadionbeleuchtungen »Slow-Motion-fähig« zu machen, wird der LED-Technik Tür und Tor geöffnet. Während die Ultras mancher Vereine die Entertainment-Lichttechnik zwar ablehnen – sie wollen die 90 Minuten auf das Spiel reduziert wissen – ist Signify trotz derartigem Traditionismus mit einem weiteren Bundesligisten im Gespräch, die Entertainment-Technik, die auch bei VFL Wolfsburg zum Einsatz kommt, zu implementieren – denn für manche Manager heißt es eben doch: Heizt die Stimmung an!

Weitere Informationen unter www.signify.com

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