Europa könnte beim Ausbau erneuerbarer Energien 45 Mrd. Euro sparen

von Thomas Buchbauer
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Der dadurch bedingte zusätzliche Netzausbau ist in dieser Rechnung bereits berücksichtigt. Zum Vergleich: In Deutschland wurden 2012 insgesamt rund 10 Mrd. Euro in neue Anlagen zur Stromerzeugung mittels Wind- und Solarkraft investiert. „In Europa werden bis 2030 allein rund 138 Gigawatt an Photovoltaikanlagen neu gebaut. Würde der Zubau an den sonnen- reichsten Standorten erfolgen, könnten wir 39 Gigawatt an Solaranlagen einsparen – bei gleichem Stromertrag. Auch bei der Windkraft ist die Standortwahl entscheidend für Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Anlagen“, sagte Michael Süß, Mitglied des Vorstands der Siemens AG und CEO des Sektors Energy im Rahmen des 1. europäischen Energiekongresses in Brüssel.

 

In einer derzeit laufenden Studie untersucht Siemens in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München die globalen Energiesysteme im Hinblick auf Nutzungsgrad der Ressourcen, Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz. Ausgehend von der Erkenntnis, dass jährlich Milliardenbeträge durch Ineffizienzen in den weltweiten Energiesystemen sowie -märkten verschwendet werden, soll die Studie insbesondere diese Verluste aufzeigen und quantifizieren sowie Lösungsansätze herausstellen. Die Ergebnisse wird Siemens im Rahmen der weltweit wichtigsten Energiekonferenz World Energy Congress (WEC) im Oktober 2013 im südkoreanischen Daegu vorstellen.

Siemens hat vier Haupthebel bei der weltweiten Optimierung der Energiesysteme ausgemacht, die je nach regionaler Ausprägung der Stromnetze und des Kraftwerksparks unterschiedlich stark zum Tragen kommen können:
1. Lokale Optimierung der Standorte erneuerbarer Energien. Das bedeutet, die regionalen Potenziale zur Stromerzeugung optimal auszunutzen. Dabei sollten unter anderem die besten Standorte für Solaranlagen, Wasserkraftspeicher und Windenergieanlagen gehoben und die Netze ausgebaut werden.
2. Effizienzsteigerung im gesamten Energiesystem. So liegt der durchschnittliche Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken in Europa im Schnitt bei 38 Prozent, während moderne Anlagen auf bis zu 46 Prozent kommen können. Durch effizientere elektrische Verbraucher in Industrie und Haushalt ließen sich weitere CO2-Emissionen und Kosten sparen.
3. Verbesserungen im Kraftwerksmix. Durch den Wechsel vom Energieträger Kohle hin zu Gaskraftwerken ließen sich erhebliche Mengen an Kohlendioxid bei der konventionellen Stromerzeugung sparen. In Europa ergäbe sich alleine dadurch ein jährliches CO2-Einsparungspotenzial von 365 Millionen Tonnen. Das entspricht dem halben Emissionsvolumen von Deutschland.
4. Mehr Einsatz von Strom als Energieträger. Statt mit geringen Wirkungsgraden dezentral Strom zu erzeugen und Erdöl und Erdgas zum Heizen in Gebäuden zu verbrennen, ließe sich Strom effizienter in Großkraftwerken erzeugen und in wärmegedämmten Häusern für hocheffiziente elektrische Heizsysteme verwenden – zumindest in Regionen mit flächendeckendem Stromnetz.

 

Die Energiesysteme unterscheiden sich weltweit aufgrund ihrer regionalen Bedingungen sehr deutlich und befinden sich in ständigem Wandel. So setzt Norwegen für die Stromerzeugung aufgrund der vorteilhaften Topologie fast ausschließlich auf Wasserkraft. Gleichzeitig ist es ein wichtiges Förderland für Erdgas, welches zum größten Teil ausgeführt wird. Der Export der in hohem Maße verfügbaren Wasserkraft mittels elektrischer Fernleitungen spielt hingegen bislang nur eine untergeordnete Rolle, obwohl es in vielen Ländern Europas einen großen Bedarf an Ausgleichsenergie gibt.
Großbritannien und Deutschland haben für ihre Energiesysteme einen Wandel hin zum Großeinsatz erneuerbarer Energien beschlossen. Das britische Königreich will die Offshore-Windkraft so weit ausbauen, dass sie ab 2020 ein Viertel zur Stromerzeugung beiträgt, in Deutschland soll der Anteil 2030 bei 15 Prozent liegen. Bis 2050 will die Bundesrepublik insgesamt 80 Prozent des Strombedarfs mit Erneuerbaren Energien decken. Witterungsbedingte starke Schwankungen in der Stromerzeugung setzen dann große Energiespeicher oder leistungsstarke Austauschmöglichkeiten mit anderen Ländern voraus.

 

Die USA erleben gerade einen Erdgas-Boom, der seinesgleichen sucht. Aufgrund der starken Ausbeute unkonventioneller Vorkommen ist der lokale Erdgaspreis um bis zu zwei Drittel günstiger als in Europa. Gaskraftwerke werden bei der Stromerzeugung aus der Sicht von Siemens daher künftig eine größere Rolle spielen. Die Vereinigten Staaten wandeln sich womöglich sogar von einem der größten Importeure zu einem der größten Exporteure fossiler Energieträger. Geprägt durch die hohe und steigende Nachfrage nach Energie und aufgrund der starken Importabhängigkeit ist Erdgas in Asien hingegen derzeit etwa fünfmal so teuer wie in den USA.

 

Siemens untersucht in seiner Studie die regionalen Gegebenheiten unter Berücksichtigung der prognostizierten künftigen Entwicklung und leitet die Implikationen für benachbarte Energiemärkte ab. So soll ermittelt werden, welche Ansätze aus volks- und globalwirtschaftlicher Sicht am besten geeignet sind, sichere und nachhaltige Energiesysteme hoher Effizienz bei bezahlbaren Strompreisen zu schaffen.
Die Präsentation und Diskussion von weiteren Zwischenergebnissen ist am 4. Juni in Moskau, am 9. Juli in Juno Beach, Florida, am 1. August in Peking und am 4. September in Abu Dhabi vorgesehen. Im südkoreanischen Daegu soll am 15. Oktober eine vorläufige Gesamtauswertung vorgestellt werden.

 

www.siemens.at

 

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