Der Siteco Österreich-CEO im Exklusiv-Interview:

Bereitschaft zur Veränderung

von

Sebastian Glunz steht seit Kurzem an der Spitze von Siteco in Österreich. Der aus Essen stammende Manager will sich mit seinem Unternehmen hierzulande den Herausforderungen des Digitalisierungszeitalters stellen. Im Gespräch mit dem i-Magazin ließ er durchblicken, wohin er Siteco führen will.

Wir wollten herausfinden, welche Position Siteco im Osram-Konzern einnimmt und welche Ziele sich der Beleuchtungshersteller für die Zukunft gesetzt hat. Dazu trafen wir den neuen CEO der Siteco Österreich GmbH, Sebastian Glunz, und Gerhard Hatos, Marketing Siteco Österreich, und sprachen mit ihnen sowohl über den Stand der Technik als auch über die Zukunftsthemen.

Herr Glunz, wie stellen sich die Eigentümerverhältnisse bei Osram aktuell dar und welche Unternehmen sind Teil von Osram? Welche Ziele werden bei Osram verfolgt?
Sebastian Glunz: Wir sind eine von drei Business Units, die es bei Osram gibt: Die erste Business Unit ist Opto Semiconductors (OS) – das ist unser Chip-Hersteller mit Sitz in Regensburg, in den gerade massiv investiert wurde. Specialty Lighting (SP) ist die zweite Business Unit, die Lampen, Module, Leuchten und Systeme für verschiedene Bereiche und Spezialanwendungen entwickelt, produziert und vertreibt. Wir sind die dritte Business Unit, die nach außen als Lighting Solutions and Systems (LSS) reportet. Nach innen gibt es auch noch die Bereiche Lighting Solutions (LS) und Digital Systems (DS). Als Lighting Solutions werden wir sowohl in Deutschland als auch in Österreich von der Siteco GmbH vertreten. Die Lighting Solutions in Österreich ist also die Siteco Österreich GmbH mit den Leuchtenmarken Osram, Siteco und Traxon. Darüber hinaus ist die Firma e:cue mit Steuerungslösungen für das dynamische Licht ebenso ein Teil von Lighting Solutions. Sie wird in Zukunft die Steuerungsmarke für sämtliche Lichtsteuerungslösungen im Konzern sein – zumindest innerhalb von LS. Das System, das nun »Dali pro« heißt, wird dann z.B. Teil der Software »Sympholight« sein. Die Marke/das Branding wird unter dem Namen e:cue laufen. Last, but not least gehört auch Clay Paky – ein Leuchtenhersteller aus Italien – noch zu uns. Das Unternehmen kommt aus dem Entertainment-Bereich. Auf der Light + Building wurde zum Beispiel der »Odeon Flood« von Clay Paky – ein Architekturscheinwerfer mit sehr hohem Lichtstrom – gezeigt.

Ist das Team in Österreich komplett?
Glunz: Im Großen und Ganzen ja. Wir haben aber aktuell drei Stellen ausgeschrieben – eine für das Vertriebsbüro in Innsbruck, eine in Graz und eine für das Büro hier in Wien. Wir suchen Außendienstmitarbeiter, die ein Verständnis für Licht mitbringen sollten, aber die durchaus auch aus dem Bereich der Steuerungssysteme kommen können. Auch Bewerber, die Erfahrung im Bereich Service-Dienstleistungen, Finanzierung oder Contracting haben, sind willkommen. Vielleicht gibt es den einen oder anderen Elektroinstallationstechniker, der das i-Magazin liest und an einer dieser Stellen interessiert ist.

Österreich war seit jeher ein traditionsreicher Markt für Osram. Trotzdem konnte man von außen den Eindruck gewinnen, dass Osram hierzulande als größeres, bekannteres Unternehmen am Markt Teil von Siteco wurde. Wie kam es dazu?
Glunz: Eigentlich war es andersrum. Ursprünglich war Siteco als Siemens Beleuchtungstechnik in Deutschland ein Teil von Siemens. Irgendwann wurde diese Gesellschaft auf den Markt gebracht und in Deutschland von einem Investor an den nächsten verkauft. Dann wurde Osram, das auch Teil des Siemenskonzerns war, an der Börse notiert. Der Börsengang liegt nun etwas mehr als fünf Jahre zurück. Zum Börsengang wurde Siteco wieder in den Konzern zurückgekauft, um Osram im Bereich des Leuchtenlösungs-Projektgeschäftes zu stärken. Zu erwähnen ist auch der Zeitpunkt, als Osram sich von seiner damals noch vierten Business-Unit »Lamps« trennte und diese als Unternehmen Ledvance an ein Investorenkonsortium verkaufte. Diese Unit wurde damals aus dem Konzern ausgegliedert. Was viele Anwender noch mit Osrams Kernkompetenz verbinden – das Lampengeschäft mit Leuchtmitteln – gehört nicht mehr zum Osram-Konzern. Nur für einige Spezialanwendungen, zum Beispiel Autolampen oder Beamerlampen, besteht noch das Lampengeschäft von Osram. Letztendlich hat man Ledvance gut auf dem Markt positioniert. Ledvance hat ein orangefarbenes Design, darf in bestimmten Bereichen den Namen Osram nutzen und hat z.B. das Recht, die Bildmarke (kleine Lampe) für einen bestimmten Zeitraum zu verwenden. In bestimmten Bereichen dürfen die Leuchten den Zusatz Osram also noch tragen. Im Elektrogroßhandelsbereich lautet die Bezeichnung der Leuchten nur noch Ledvance. Es ist aus meiner Sicht besonders wichtig, die Marke Siteco innerhalb des Osram-Konzerns weiter zu stärken und zu schärfen, damit sie sich am Markt als professionelle Beleuchtungslösung etabliert.

Das könnte doch ein wenig verwirrend sein – deswegen noch einmal die Frage: Unter welchem Namen firmiert das Unternehmen nun in Österreich – Osram oder Siteco?
Glunz: Am Telefon melde ich mich immer mit »Osram Siteco«, denn aus meiner Sicht sind beide Namen wichtig: Siteco als unser Markenkern für die professionelle Lichtlösung und der große Konzern und große Name Osram im Hintergrund. Die Marke Siteco ist im deutschsprachigen Raum und Westeuropa gut platziert – zumindest bei Personen, die sich professionell mit unserem Geschäft auseinandersetzen. In Brasilien kennt man Siteco zum Beispiel nur, wenn man ein Fußballstadion beleuchtet. Dort ist Siteco ein Nischenprodukt. Für unseren Vertrieb in der DACH-Region ist es wichtig, den Markenkern Siteco zu behalten. Das ist auch eine klare Aussage unseres Managements. Die professionellen Leuchten ab einem gewissen Segment sind Siteco-gebrandet. Die Marke Osram hilft aber auch, unsere Technologie weltweit zu transportieren. Für uns ist es wichtig, als eine Beteiligungsgesellschaft, in einem Land, wo die Marke Siteco bekannt ist, auch diesen Markenkern zu bewahren und zu pflegen. Denn das ist schon mehr als nur eine Produktlinie: Unsere Legal Entity heißt Siteco und alle unsere professionellen Produkte heißen auch Siteco. Aber auch Osram Leuchten-Produkte sind bei uns erhältlich. Diese sollten am besten palettenweise über den Elektrogroßhandel verkauft werden. Wir tun das auch – wobei ich festhalten möchte, dass wir nicht die Nr. 1 im Elektrogroßhandel in Österreich sind. In Deutschland ist unsere Position ein bisschen besser. Das ist eine Frage der strategischen Ausrichtung und wir müssen noch klären, wie wir in nächster Zeit weiter vorgehen.

Ist das wirklich nur eine Frage der strategischen Ausrichtung? Österreich ist bekannt dafür, dass hier die Menschen Geschäfte machen. Wie ist man hier aufgestellt?
Glunz: Das ist einer der Gründe, warum ich gerne nach Österreich gekommen bin. Geschäfte machen, macht mir Spaß. Seit zehn Jahren arbeite ich für Osram, begonnen habe ich bei Traxon. Ich habe selbst im Trade-Kanal und einige Jahre für die Marke Siteco gearbeitet. Auch in Deutschland werden die Geschäfte unter Menschen gemacht. Gerade im Projektgeschäft ist es wichtig, dass der Nasenfaktor stimmt. Trotzdem gibt es auch das breite Basisgeschäft. Bei uns nennt man dieses »Essentials«. Das sind die Leuchten für die einfache Anwendung – das M3-Segment, die Basis der Produktpyramide. Einer der wichtigen Absatzkanäle ist hier der Elektrogroßhandel. Unsere Strategie zeigt die zwei verschiedenen Marken. Die M3-Leuchten sind alle unter der Marke Osram auf dem Markt.

Wollen Sie durch diese Segmentierung verschiedene Kundenkreise bedienen – auf der einen Seite den Elektrogroßhandel, auf der anderen Seite große Elektrounternehmen/Industriebetriebe?
Gerhard Hatos: Die beiden Bereiche überschneiden sich. Im Großen und Ganzen trifft Ihre Aussage aber zu. Da wir mit unserer Vertriebsmannschaft die Streuung nicht erreichen, sollen die Essentials über den Großhandel vertrieben werden. Im Projektgeschäft spielen aber vor allem die Siteco-Produkte eine wichtige Rolle.
Glunz: Ich war live dabei, als man in Deutschland die zwei Unternehmen zusammenbrachte. Dahinter stecken einfach zwei verschiedene Vertriebsstrategien – sowohl in Bezug auf die Wertigkeit der Produkte als auch auf den Absatzkanal. Auf der einen Seite hat man ein reines Handelsgeschäft und auf der anderen Seite gibt es das Projektgeschäft, bei dem im besten Fall jedes Projekt anders ist. Mit anderen Worten: Hier werden also Leuchtensysteme verkauft.

Akzeptiert der Großhandel diese Strategie?
Hatos: Der Großhandel hat eine gewisse Sonderstellung. Denn zum einen wird das Handelsgeschäft abgedeckt und zum anderen werden auch Projekte abgewickelt. Ab einer gewissen Projektgrößenordnung gilt es, sich mit dem Großhandel abzustimmen.
Glunz: Ich möchte es positiv formulieren. Ich glaube, dass es gemeinsames Potenzial für uns als Hersteller und den Elektrogroßhandel in Österreich gibt. Ich kenne das aus Deutschland auch, aber nicht so extrem, wie es in Österreich der Fall ist. Gewisse Projekte können nicht über den Elektrogroßhandel abgewickelt werden, weil Finanzierungskomponenten, Service, komplexe Planung usw. Teil des Projektes sind. Es gibt auch das reine Handelsgeschäft – in diesem Bereich sollte weder unser Flächenvertrieb noch der des Großhandels zu viele Ressourcen investieren müssen, weil es ein Massengeschäft ist, das im besten Fall automatisch ablaufen sollte. Dazwischen gibt es noch eine große Variation von Projekten. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass es hier ein gemeinsames Potenzial mit dem Elektrogroßhandel gibt.

Wie ist der aktuelle Kontakt zum Elektrogroßhandel in Österreich?
Glunz: Ich bin erst seit knapp drei Wochen in Österreich tätig. Mein Kontakt zum Elektrogroßhandel hat auf jeden Fall noch Potenzial, aber ich werde ihn natürlich aufnehmen. Derzeit betreut ein Mitarbeiter den Elektrogroßhandel, der auch in Wien in der Zentrale sitzt. Wir werden in den nächsten Monaten unsere Strategie finalisieren und intensive Gespräche mit dem Elektrogroßhandel führen.
Hatos: Natürlich sind wir (waren wir) auch am Sonepar-Partnertreff vertreten. Die Beziehung zum Großhandel ist also ganz gut. Potenzial ist aber auf jeden Fall auch noch vorhanden.
Glunz: Wir müssen herausfinden, was für beide Seiten Sinn macht. Aber eine reine dreistufige Vertriebsaufstellung wird es sicherlich nicht geben. Ich glaube auch nicht, dass sich der Markt in diese Richtung bewegt. Natürlich wird es auch immer wieder Vertriebskanalkonflikte geben. Deshalb müssen wir einfach herausfinden, wie wir als Unternehmen mit dem Großhandel schlau Geschäfte machen können, sodass sich für beide Seiten Vorteile ergeben. Wir haben mit Herbert Willmy übrigens auch einen neuen CEO der Business Unit LS. Er hat jahrelang für Sonepar im Top-Management gearbeitet, versteht das Großhandelsgeschäft sehr gut und kennt auch alle Akteure am österreichischen Markt, zu denen es natürlich auch Kontakte gibt. Gemeinsam mit uns erörtert er, was für diesen Markt Sinn macht. Bei uns gibt es natürlich gewachsene Strukturen und die können und wollen wir nicht von heute auf morgen ändern.

Im Großhandelsbereich gibt es genügend Mitbewerber …
Glunz: Genau, dieser Essentials-Bereich, über den ich gesprochen habe, ist ein reiner Verdrängungsmarkt. Das bedeutet, es gibt wenige Alleinstellungsmerkmale bei Produkten – letztendlich entscheidet der Preis. Wenn es ein Alleinstellungsmerkmal gibt, muss dieses schon bei Preisgleichheit vorhanden sein, sonst funktioniert der Deal nicht.

Sie haben vorhin erwähnt, dass Sie erst seit drei Wochen in Österreich tätig sind. Sind Sie nach Wien gezogen oder pendeln Sie zwischen Essen und Wien hin und her?
Glunz: Momentan pendele ich noch. Ich bin noch bei der deutschen Gesellschaft angestellt und habe einen Entsendungsvertrag unterschrieben. Wenn danach meine Arbeit angenommen wird, wovon ich ausgehe, möchte ich auf jeden Fall auf Dauer diese Aufgabe in Österreich wahrnehmen. Dann wird auch meine Familie nachziehen, die momentan noch in Deutschland lebt.

Osram hat vor kurzem BAG Electronics gekauft. Können Sie mir sagen, was BAG kann, was Osram bisher nicht konnte?
Glunz: BAG Electronics ist Anbieter von Komponenten und Lösungen zur Steuerung von Beleuchtungssystemen. Mit dem Kauf soll das Portfolio an elektronischen Vorschaltgeräten für moderne Lichttechnik komplettiert werden. Der Erwerb schafft für Osrams Business Unit DS neue Vertriebsmöglichkeiten in Europa und Asien. Und auch die wettbewerbsfähige Fertigung auf den Philippinen bietet neue Optionen.

Nachdem viele Elektrotechniker noch immer Probleme damit haben, einfache Dali-Systeme zu installieren, wie soll es ihnen dann in Zukunft möglich sein, Systeme wie e:cue, Sympholight oder cloudbasierte Datenmanagement-Systeme zu installieren?
Glunz: Das ist eine große Herausforderung, da stimme ich Ihnen zu. Aber wenn sich der Markt und die Umwelt verändern, wird sich der Installateur, der in Zukunft große Projekte umsetzen will, auch weiterentwickeln müssen. Wir müssen uns als Unternehmen auch verändern. Unternehmen auf allen Vertriebsstufen müssen sich sicherlich anpassen, wenn sie in Zukunft am Markt teilnehmen wollen. Darüber hinaus wollen wir als Hersteller auch verschiedene Mittel zur Unterstützung anbieten. Zum einen versuchen wir ein Schulungsprogramm aufzulegen, um interessierte Unternehmen auf unsere Systeme zu schulen. Dazu habe ich auch schon mit österreichischen Installateuren interessante Gespräche auf der Light + Building geführt. Das gezeigte Interesse war in diesem Bereich relativ groß. Schulungen wird es also für das Thema Sympholight und unsere Lichtmanagementsysteme geben. Aber das ist nicht nur für unsere direkten Kunden, sondern auch für Endanwender, die unsere Systeme nutzen wollen, interessant. Unsere Steuerungssysteme sind auf der Messe schon gut angekommen. Denn das charmante an einer offenen Lösung ist, dass sich der Kunde nicht die nächsten 30 Jahre an einen Hersteller binden muss. Ein System zu haben, das mit anderen Herstellern interagieren kann, ist hier von Vorteil. Wir wollen also wie erwähnt Installateure oder Endanwender, die in der Industrie mit unseren Systemen arbeiten müssen, schulen. Aber auch jeder andere, der an unseren Systemen interessiert ist, kann an Schulungen teilnehmen. Des Weiteren werden wir Projektmanager zur Verfügung stellen, die z. B. bei der Inbetriebnahme einer großen Sympholight-Installation unterstützend tätig werden.

Erwarten Sie, dass das von heute auf morgen möglich ist? KNX gibt es ja zum Beispiel seit über 20 Jahren und der Marktanteil liegt immer noch im einstelligen Prozentbereich – das ist doch traurig. Wie wollen Sie es schaffen, dass der Handel nicht erneut zum Flaschenhals wird?
Hatos: Zuerst sollte man jene Elektrotechniker, die vorrangig im Home-Bereich beschäftigt sind, von jenen, die im professionellen Bereich arbeiten, trennen – es muss immer bedacht werden, womit sich der einzelne Elektrotechniker beschäftigt. Für Unternehmen, die den Einfamilienhaus-Bereich bedienen, ist es naturgemäß schwierig, DALi zu installieren. Dann kommt noch dazu, dass das Wissen bei Systemen, die man nicht ständig nutzt, schwindet. Bei den Elektrotechnikern, die sich wirklich im Projektgeschäft bewegen und die unsere direkten Ansprechpartner auf dem Markt sind, werden diese neuen Systeme durchaus funktionieren und dementsprechend schnell angenommen werden. Diese Zielgruppe wird sich auch mit Sympholight oder Tvilight (Osrams Smart-City-Steuerungslösung) auseinandersetzen. In Bezug auf offene Systeme ist es aber wichtig, dass den Kunden die Angst vor der technischen Kundenbindung, die seit Jahrzehnten besteht, genommen wird.

Mit diesen Systemen sprechen Sie also ganz andere Kundenkreise an. Sind das die »Klenk & Meders« dieses Landes?
Hatos: Genau.
Glunz: Schließlich handelt es sich dabei um keine Systeme, die Sie zu Hause installieren lassen, wenn Sie zum Beispiel Ihre Fassade beleuchten wollen. Eine erwähnenswerte Entwicklung unseres Konzerns ist das Partnership-Programm innerhalb von Lighting Solutions. Unternehmen sollen damit in der Lage sein, mit unseren Produkten zu arbeiten. Wird Osram oder Siteco als Hersteller zum Beispiel bei Contracting-Projekten angeschrieben, ist es wichtig, in diesem Bereich qualifizierte Unternehmen als Partner zu haben, die in unserem Namen auch Installationen ausführen oder in Betrieb nehmen können. Das kann damit beginnen, dass es einen Installateur gibt, der uns anspricht, weil er Unterstützung bei der Inbetriebnahme benötigt, z. B. bei der Fassadenbeleuchtung, oder weil er eine komplexe Lichtsteuerung installieren soll. In erster Linie möchten wir auf eigene Mitarbeiter zurückgreifen, aber in der Hinterhand auch zertifizierte Partner haben. Das hat e:cue im Bereich des dynamischen Lichtes bekannt bzw. erfolgreich gemacht – es gibt hier ein flächendeckendes Partnernetzwerk. In Asien ist es vielleicht noch ein bisschen besser zu erkennen als hier in Österreich. Ich kenne aber auch in Österreich einige Unternehmen, meist Einzelunternehmer, die eine extrem hohe Kompetenz in diesem Bereich haben. Im nächsten Jahr wird es auch eine meiner Aufgaben sein, dass derartige Partnerverträge vereinbart werden können. Es soll aber kein eigener Vertriebskanal entstehen. Ziel ist, dass Projekte im Sinne des Lösungsgedankens ganzheitlich bearbeitet werden können.

Nachdem sich die LED nun in allen Bereichen der Lichtbranche etabliert hat, stellt sich die Frage: Was kommt nach der LED?
Glunz: Die Frage ist doch vielmehr: Muss da etwas kommen? Wenn wir ein paar Jahre zurückblicken, so war der Start der LED-Technologie bei einer Lichtausbeute von 50 Lumen pro Watt. Vor kurzem haben wir das erste Lichtbandmodul, Licross, mit einer Lichtausbeute von 200 Lumen pro Watt (netto aus der Leuchte) von uns vorgestellt. Ich würde es selbst nicht glauben, aber unser Produktmanager hat es mir geschworen. Meiner Meinung nach kann man derartige Entwicklungen nicht ewig steigern – irgendwann sind der Technologie auch physikalische Grenzen gesetzt. Ich denke, in Zukunft sind eher Themen wie Human Centric Lighting (HCL) von Bedeutung – wie man mit dem Licht das menschliche Verhalten oder die menschliche Effizienz beeinflusst. Es gibt Studien, dass in der Produktion die Fehleranfälligkeit um 20 % zurückgeht, wenn man z. B. in der Nachtschicht für ordentliche Beleuchtung sorgt. Themen wie »Licht als Wohlfühlfaktor« und ähnliches werden in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Wir verbringen extrem viel Zeit unsers Lebens im Kunstlicht. Wir wollen auch, dass unsere Mitarbeiter gerne zur Arbeit gehen und sie sich im Kunstlicht wohlfühlen. Als Hersteller – das hat auch die Light + Building gezeigt – stellen wir den Mitbewerbern nicht die Frage, ob die Lichtausbeute 175 Lumen pro Watt oder 176 Lumen pro Watt beträgt, sondern ob sie z.B. HCL-Module anbieten und wie hoch der Farbwiedergabe-Index oder die Blendung sind. Insbesondere der Office-Bereich stellt einen sehr wichtigen Themenbereich in Zukunft dar. Wichtig ist für uns in Zukunft auch herauszufinden, was der Grundnutzen ist, den wir verkaufen wollen. Das sind nicht 2 oder 3 Lumen pro Watt mehr. Nachhaltigkeit – Systeme, die lange in Betreib sein können – ist hier von Bedeutung und das Thema Digitalisierung – was man mit der Infrastruktur, die ich z. B. in meiner Industriehalle installiere, machen kann. Können über die Netzwerkanbindung im Lichtband z. B. Maschinendaten geleitet werden? Können Wifi-Access-Points an der Leuchte installiert werden? Wir bieten z.B. auch ein Bluetooth-Tracking-System unter dem Namen Einstone an, mit dem eine Indoor-Positionierung möglich ist. Hierzu zählen Themen wie Asset Tracking in der Fabrik – man weiß, wo sich die Produktionsmaterialien, die einen Bluetooth-Tag haben, befinden. Wir haben in Deutschland in einer Stadt auch ein Besucherführungssystem installiert: Hier sind Bluetooth-Beacons in dekorativen Außenleuchten enthalten. Auf der Light + Building haben wir auch einen Showcase in einem Krankenhaus gezeigt, bei dem die teuren medizinischen Geräte mit Bluetooth-Tags versehen waren. Diese Bluetooth-Beacons werden künftig immer häufiger Teil der Leuchten. Schließlich gibt es die Leuchteninfrastruktur überall.

Was war Ihr persönliches Produkthighlight von Osram auf der L+B?
Glunz: Ganz klar das Licross-System. Damit meine ich das Lichtbandsystem an sich und das dazugehörige Steuerungssystem. Das heißt, wir haben ein Lichtband, das aus meiner Sicht das beste Lichtband auf dem Markt ist – mit bis zu 14-poliger Verkabelung in drei verschiedenen Ausführungen. Licross unterstützt moderne Industrieunternehmen dabei, ihre betriebliche Effizienz zu steigern und Produktionsprozesse zu optimieren. Sensoren sind beispielsweise zur tageslicht- bzw. bewegungsabhängigen Lichtsteuerung, zur Überwachung der Umgebungsbedingungen (z.B. Temperatur, Luftfeuchtigkeit) sowie der Hallennutzung jederzeit integrierbar. In Kombination mit dem cloudbasierten Datenmanagementsystem Symphograph können zukünftig Daten zu Energieverbrauch und Wartungszustand (predictive maintenance) der Beleuchtungsanlage ebenso gesammelt, analysiert und visualisiert werden wie Informationen zu Umgebungsbedingungen sowie Bewegungs- und Nutzungsprofile in einer Halle (Heatmapping). Symphograph läuft auf der neuen Osram Cloud-Plattform Lightelligence und verwendet die speziell für die Lichtbranche entwickelten Services. Die neue Leuchtenfamilie ist bis zur Schutzart IP 64 erhältlich. Es fängt an bei einem IP20-System – ein für den Retail- oder Museums- und Ausstellungsbereich sehr schlankes, gut aussehendes System, wo Strahler, Wallwasher und ähnliches miteingebracht werden können. Weiters gibt es zwei Industriesysteme bis zur Schutzart IP64. Die Industriemodule und auch die IP20-Module sind HCL-fähig. Sogenannte Einstone-Sendeeinheiten, intelligente Beacons für standortbezogene Dienste, können auch eingebaut werden. Sie unterstützen zum Beispiel den Einzelhandel, wenn es darum geht, Kundenwege zu verstehen und Waren und Kampagnen aufmerksamkeitsstark zu präsentieren. Wir bieten mit Licross eine Infrastruktur, die extrem flexibel für jegliche Art der Anwendung ist.

Glauben Sie, dass sich ein Lichtplaner/-techniker mit allen diesen Themen auseinandersetzen wird?
Glunz: Das sind Themen, die nicht zuerst mit dem Lichtplaner besprochen werden. Man muss überzeugt davon sein, dass die Lichtbandeinsätze eine gute Lichttechnik haben – was auch der Fall ist. Dieser Zusatznutzen muss mit dem Unternehmen/Endanwender besprochen werden – mit der Geschäftsleitung oder denjenigen, die in die Produktionsprozesse involviert sind. Nicht dem Installateur oder demjenigen, der im Werk für die Beleuchtung zuständig ist, wird der Zusatznutzen verkauft. Da muss sich natürlich auch der Vertrieb ändern, weil die Projekte viel komplexer werden. Auch für uns stellt das eine Herausforderung dar.

Anlässlich der L+B habe ich den Eindruck bekommen, dass die Lichtthemen eher in den Hintergrund gerückt sind – mit meiner Meinung war ich auch nicht alleine. Vielmehr rückten Themen wie »Datensammeln« in den Mittelpunkt. Nach dem »LED-Crash« vor ein paar Jahren mussten sich die traditionellen Hersteller wie Osram oder Philips komplett anders positionieren – die Situation war mit einer Disruption vergleichbar. Haben wir wieder einen Schnittpunkt erreicht, bei dem sich die Branche in eine andere Richtung entwickelt?
Glunz: Wir stellen nur die Infrastruktur zu Verfügung – die Hardware mit der Beleuchtung und Sensorik und die Softwareplattform – Lightelligence ist hier das Stichwort. Wir sind aber keineswegs Datensammler. Die Projekte verändern sich aber ganz sicher, zumindest die großen. Der ganze Markt verändert sich, weswegen sich die Unternehmen, die in dieser Branche mitspielen wollen, auch anpassen müssen. Ich spreche hier auch von uns. Unsere Branche befindet sich in einem stetigen Wandel hin zur Digitalisierung. Wer sich bei der sich so schnell verändernden Umwelt nicht mitverändert, der wird in einigen Jahren nicht mehr Marktteilnehmer sein. Deswegen werden diese Themen bei uns permanent und auch schon seit Jahren diskutiert, wie wir auf derartige Trends reagieren.

Sind Sie der Meinung, dass Unternehmen im Bereich des Datenschutzes eine gewisse Verantwortung tragen?
Glunz: Wir befinden uns hier zum Glück auf einem Teil der Erde, wo, wie ich glaube, von der Politik verantwortungsvoll bzw. mit einer gewissen Verantwortung mit unseren Daten umgegangen wird. Das Stichwort lautet Datenschutzgrundverordnung – der Begriff ist auf der Light + Building relativ häufig gefallen. Wir können nicht entscheiden, was mit den Daten geschieht, weil sie nicht uns gehören. Aber wir versuchen auch, Technik zur Verfügung zu stellen, die den Ansprüchen an den Datenschutz genügen soll. Auf der Light + Building haben wir z. B. unsere neue SL 11, unsere technische Straßenleuchte, mit einem Kameramodul, das an der Leuchte installiert werden kann, gezeigt. Dieses Kameramodul erkennt Menschen und verpixelt sie direkt im Kameramodul. Die Daten, die das Kameramodul verlassen, und die irgendwo weiterverarbeitet werden können, sind somit schon anonymisiert. So kann man mit der Gestaltung von Technologie auch Datenschutz gewährleisten.

Was halten Sie in Anbetracht der aktuellen Situation davon, dass der CEO der Rexel-Gruppe sagt, dass auch Manager von Unternehmen Verantwortung dafür tragen, dass derartige Systeme, die den Datenschutz miteinbeziehen, überhaupt erst auf den Markt gebracht werden?
Glunz: Ich denke, dass jeder von uns in seinem Bereich eine gewisse Verantwortung hat. Wenn wir im Kundengespräch sind, sollten wir offen über diese Themen sprechen. Auch für unsere Außendienstmitarbeiter sind das natürlich neue Themen – vor einigen Jahren hat noch keiner darüber gesprochen. Es ist wichtig, unsere Mitarbeiter darauf zu sensibilisieren.

Welche Ziele hat sich Osram/haben Sie sich für die nächsten fünf Jahre im DACH-Raum gesteckt?
Glunz: Wir möchten natürlich wachsen – auch auf dem österreichischen Markt. Wir wollen als Hersteller und Lieferant von ganzheitlichen Leuchten bzw. Beleuchtungssystemen wahrgenommen werden. Untergeordnet ist unser Ziel auch eine größere Marktdurchdringung. Wir sind in verschiedenen vertikalen Marktbereichen unterwegs. Im Bereich der Außenbeleuchtung und im Bereich Industrie sind wir gut aufgestellt. Aufgrund von Portfolio-Entscheidungen haben wir bei uns im Unternehmen, z.B. im Bereich Office, ein bisschen nachgelassen. Dort werden wir mit aller Kraft zurückkommen. Ich glaube, dass der Bereich der Lichtmanagementsysteme in Zukunft eine große Rolle spielen wird. Meiner Meinung nach haben wir auf diesem Gebiet schon ein sehr umfassendes Portfolio. Als ein solcher Hersteller will ich auch wahrgenommen werden und mich von den »China-Leuchten« oder Leuchten im unteren Marktsegment entschieden differenzieren. Siteco als Marke für hochwertige Beleuchtungslösungen soll stark in die Wahrnehmung der Menschen gebracht werden.

Herr Glunz und Herr Hatos, vielen Dank für das Interview! Und herzlich willkommen in Österreich, Herr Glunz!

Weitere Informationen auf:

www.osram.at/ls

Das Interview führte Thomas Buchbauer, Text von Lisa-Maria Trummer

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