Altersgerechte Beleuchtungsplanung in Seniorenzentren

von Thomas Buchbauer

Im Laufe der Evolution entwickelte der Mensch durch die Wahrnehmung von hell und dunkel, kalt und warm sowie den Wechsel der Jahreszeiten ein komplexes System innerer Uhren, das sogenannte circadiane System. Natürlicher Taktgeber für diesen Rhythmus ist das Tageslicht. Mittlerweile ist die Wirkung des Lichts auf den Menschen Schwerpunkt zahlreicher Forschungen. Ziel dabei ist es, durch dynamisch gesteuertes Kunstlicht mit tageslichtabhängigem variablem Blauanteil das circadiane menschliche System zu stärken und dadurch die Lebensqualität zu steigern. Im Gesundheitssektor spielen diese Erkenntnisse eine besondere Rolle, wie z. B. die Sanierung des Hauses »Altenburgblick« im Seniorenzentrum der Sozialstiftung Bamberg zeigt. Insgesamt 59 Pflegeplätze, vorwiegend in Einzelzimmern mit eigener Nasszelle, stehen den Bewohnern im sanierten Haus Altenburgblick im bayrischen Bamberg seit Ende Mai 2012 auf kunst- und tageslichtdurchfluteten drei Stockwerken zur Verfügung. Das Seniorenheim gehört zum Antonistift und ist Teil eines seit 2004 von der Sozialstiftung Bamberg betriebenen Komplexes, bestehend aus Demenzzentrum, geriatrischer Rehabilitation und dem Klinikum am Michelsberg. „Besonderes Augenmerk wurde bereits von Anbeginn der Planungen auf das Thema Beleuchtung gelegt“, betont Dipl. Ing. Wolfgang Freitag, Leiter Bau & Technik der Sozialstiftung Bamberg. „Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Heim- und Geschäftsleitung, Architekten, Lichtplanern und Technikern konnten unsere hohen Ansprüche an das für unsere Bewohner »richtige« Licht realisiert werden.“ Eine 120.000 Euro-Spende der Elsa und Erich Oertel Altenhilfestiftung machte die innovative Beleuchtungsanlage im Haus Altenburgblick im Antonistift in Bamberg möglich. Dipl. Sozialpädagogin Jutta Weigand, Geschäftsbereichsleiterin und Planungsbeteiligte der ersten Stunde versichert: „Unser vorrangiges Ziel war es, durch die Investition in biologisch wirksames Licht die persönliche Aktivität der Bewohner möglichst langfristig zu erhalten, um so den Wohlfühlfaktor und die Lebensqualität in der stationären Altenpflege entscheidend zu verbessern. Helligkeit und Transparenz bestimmen heute unser Haus.“

Circadianes Licht wirkt positiv

Dabei sollte die Beleuchtung im Altenburgblick vielfältige Anforderungen erfüllen: ausreichendes Arbeitslicht für das Pflegepersonal bieten, Sicherheit und Orientierung der Bewohner gewährleisten, sowie eine behagliche Atmosphäre schaffen. Besonders wichtig war der Geschäftsleitung, durch das »richtige« Licht den circadianen Rhythmus (…) der Bewohner zu unterstützen. Fast 60 bis 80 Prozent der Heimbewohner leiden mittlerweile unter Demenz, Tendenz steigend. Durch circadianes Licht lassen sich typische Symptome dieser Erkrankung wie z. B. Aggressivität, Desorientierung und Schlafstörung lindern. Das belegen mittlerweile zahlreiche Studien: In Pflegeheimen und Krankenhäusern hilft circadianes Licht, den gestörten Tag-/Nachtrhythmus der dementiell beeinträchtigten Patienten zu stabilisieren. In den Abendstunden wird durch die Verminderung des Blauanteils im Kunstlicht analog zum natürlichen Tageslichtverlauf die Melatoninausschüttung d.h. die Müdigkeit der Patienten gefördert.                 
                               

„Gerade Bewohner, für die ein Aufenthalt im Freien nicht mehr möglich ist, profitieren von der neuen Beleuchtungsanlage“, so Jutta Weigand. Mangelndes Tageslicht führe häufig zu Depressionen und lasse den Tag monoton und eintönig erscheinen. Dagegen fördert das dynamische Kunstlicht nun die Vitalität und Mobilität auch nicht dementiell beeinträchtigter Bewohner, trägt zur Minderung von Depressionen und Aggressionen bei und wirkt emotional stabilisierend. Von diesen positiven Effekten profitieren Patient und Personal im anstrengenden Schichtbetrieb der Gesundheits- und Geriatriezentren gleichermaßen. Daher ersetzt die dynamische Beleuchtung in diesen Innenräumen zunehmend statische Lichtlösungen.

Moderne Lampen sorgen dabei für das richtige Spektrum. Leuchten für die richtige Verteilung des Lichts. Die speziell für den circadianen Lichtverlauf geeigneten Leuchten Econe Hybrid und Mondana lieferte der ortsansässige Leuchtenhersteller RZB Rudolf Zimmermann, Bamberg GmbH. Für mehr Sicherheit auf den Fluren sorgt die Econe Hybrid mit Beleuchtungsstärken von etwa 1000 Lux. Aufgrund der geringen Einbautiefe der Großflächenleuchte eignet sich diese hervorragend für die Sanierung bestehender Wohnheime: nur 14 cm beträgt die Einbautiefe der 900 x 900 mm großen Leuchte. Die in den Gemeinschafts- und Speiseräumen eingesetzte Mondana fördert durch biologisch wirksames Licht Vitalität und Kommunikationsfreude der Bewohner. Beide Leuchten sind jeweils mit energiesparenden Leuchtstofflampen unterschiedlicher Lichtfarbe bestückt. Die dynamische Mischung der eingesetzten Lichtfarben 2.700 K für warmweißes und 6.500 K für kaltweißes Licht ermöglicht die gewünschte Tageslichtsimulation. Die Beleuchtungsstärken variieren dabei zwischen 500 und über 1000 Lux. Um den biologischen Effekt des Kunstlichts zu verstärken sind alle eingesetzten Leuchten von großflächiger Bauart und reflektieren das Licht direkt und indirekt. Die Bündelung auf einen kleinen Lichtpunkt wird so vermieden. Besonders bei getrübtem Augenlicht mit einhergehender Empfindlichkeit gegen Blendung ist diese Art der Beleuchtung angenehmer für die Bewohner. Wo früher dunkle Holzdecken das Bild der Flure bestimmten, unterstützen nun reflektierend helle Decken und Wände die biologische Wirksamkeit des Lichts.

 

Innovative Lichtmanagementsysteme ermöglichen die bedarfsgerechte Steuerung

Intelligent gesteuert wird der tageslichtähnliche Farbtemperatur- und Beleuchtungsstärkenverlauf durch das RZB-Lichtmanagementsystem light control +3. Über einfaches Plug + Play bietet der Hersteller damit eine besonders installationsfreundliche Komplettlösung an. Montagefehler auf der Baustelle lassen sich hier bereits im Vorfeld minimieren. Die DALI-Steuerung ist über KNX an das hausinterne EIB angeschlossen. Die Programmierung von light control +3 erfolgt durch spezialisierte Lichttechniker von Herstellerseite, exakt nach den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden. In Abstimmung mit der Leitung des Hauses wurde der circadiane Tageslichtverlauf im Altenburgblick von 7:00 bis 21:30 Uhr programmiert, danach erfolgt automatisch der nahtlose Übergang in das milde, gedimmte und blendfreie Nachtlicht. Daneben lässt sich die Beleuchtung auch ganz individuell an oder aus schalten. Eine Rückkehr in den circadianen Tageslichtverlauf ist jederzeit problemlos möglich.

Mehr Licht!

Neben dem circadianen Licht stand für die Betreiber des Altenburgblicks auch die Realisierung seniorengerechter Beleuchtungsstärken auf dem Programm. Praktische Tätigkeiten wie Handarbeiten oder Lesen sollen den Bewohnern erleichtert werden. Nicht allein durch die Trübung der Linse benötigen ältere Menschen hier mehr Licht: sind bei Büroarbeitsplätzen noch 500 Lux ausreichend, werden im Seniorenbereich Beleuchtungsstärken bis über 1.000 Lux benötigt. Im Altenburgblick ist die Beleuchtungsanlage daher neben den vier Situationen ein/aus, Stimmungs- oder Nachtlicht mit 3.000 K sowie dem circadianen Tageslichtverlauf auch auf ein Aktivlicht mit 6.500 K und etwa 1000 Lux programmiert. Als Arbeitslicht geschaltet erleichtert es dem Personal die notwendigen Pflegetätigkeiten und mobilisiert die älteren Menschen: Durch die Kombination aus sinnvollen Beschäftigungsmöglichkeiten – wie z. B. die gemeinsame Hausarbeit in Form von kochen, Wäsche legen oder bügeln – mit der circadianen bzw. biologisch wirksamen Beleuchtung wird die Vitalität, Motivation und Kommunikationsfreude der Bewohner spürbar gesteigert.

Mehrwert für Personal und Patient: Tagsüber aktive Bewohner schlafen nachts nachweislich besser. Weiterer Vorteil: das Pflegepersonal wird entlastet und Schlaf- oder Beruhigungsmittel können reduziert werden. Jutta Weigand und Wolfgang Freitag zeigen sich auch aus praktischer und technischer Sicht begeistert von der Einfachheit dieser Lichtsteuerung: „Für unser Personal ist die Anlage ohne komplizierte Einweisung sehr leicht zu bedienen. Durch die Voreinstellungen lässt sich die Beleuchtung schnell auf die gewünschte Situation schalten. Ein echter Vorteil für unseren arbeitsintensiven Stationsalltag.“

Offenheit und Transparenz

„Die Ausstattung unseres Hauses passt sich an die Menschen an, nicht umgekehrt“, erklärt Jutta Weigand das Konzept des Altenburgblicks und macht auf die ständig steigenden Ansprüche und Wünsche der Bewohner aufmerksam. Häufig seien es eher die Kinder, die den Heimplatz für die Eltern aussuchten, da sei der erste Eindruck über Einrichtung und Atmosphäre oft der entscheidende. Zum Gesamtkonzept des Hauses gehört daher auch die harmonische Raumgestaltung durch die Innenarchitektin Carolin Müller aus München. Offenheit und Transparenz standen im Vordergrund der Wünsche der Betreiber: Beobachten, verweilen, kommunizieren, sich aktiv beteiligen oder auch mal zurückziehen können, diese Möglichkeiten bieten sich den Bewohnern im Haus Altenburgblick.
Den ersten Eindruck vom neuen Raumkonzept erhält der Besucher über zwei zentrale Lichthöfe, die den Blick über drei Etagen freigeben und das Haus mit natürlichem Tageslicht durchfluten. Weckt der eine Hof – ganz im Stil der 50er Jahre gestaltet – Assoziationen an die eigene Jugend der Senioren, bietet der zweite den Bewohnern mit Blumenkästen, Kletterpflanzen und einladenden Sitzecken das Ambiente des heimatlichen fränkischen Marktplatzes. Um die Lichthöfe herum führen jeweils vier »Straßen«, die Bamberger Straßennamen tragen. Bilder von real existierenden Gebäuden verstärken den Eindruck von vertrauter Heimat. Kleine, liebevoll durchdachte Details wie z. B. die blauen Emaillehausnummern an jeder Zimmertür erinnern an Altbekanntes, vermitteln Geborgenheit und erleichtern das Auffinden des eigenen Zimmers: jeder Bewohner erhält seine eigene Adresse wie z. B. Frau Meier in der Luitpoldstraße 9. Zur leichteren Orientierung für Bewohner und Personal sind die drei Etagen zusätzlich farblich gekennzeichnet: ganz oben strahlt sonniges Gelb, im Erdgeschoss erinnert ein sattes Grün an Rasen und das Untergeschoss symbolisiert in kühlem Blau den Eindruck von Wasser.

   

Innenarchitektur und computergesteuerte Technik

Gemeinschaft und Aktivität wird im Altenburgblick groß geschrieben: zentrale, offene barrierefreie Küchen, in denen wie zu Hause gearbeitet, gekocht und gemeinsam gegessen wird vermitteln den Bewohnern das Gefühl, dabei zu sein und sich nützlich machen zu können. Zur Erhöhung der Wohnqualität trägt nach der Sanierung des Hauses Altenburgblick das ganzheitliche Konzept im harmonischen Zusammenspiel von Tages- und Kunstlicht, Farbe und Material bei. „Kein Wunder, dass die Bewohner unserer angrenzenden Häuser am liebsten in den Altenburgblick umzuziehen würden“, bemerkt Jutta Weigand nicht ohne Stolz auf das gemeinsam Erreichte. Die Ausstattung der Zimmer mit Niederflurpflegebetten, warmen Erdfarben und natürlichen Materialien steigere das Wohlgefühl der Bewohner, die ihr persönliches Ambiente auch durch eigene Möbel und Accessoires gestalten können.
Die technische Ausstattung reicht von TV, Radio, Telefon und Internet bis zum intelligenten Licht.

Die in allen Räumen eingesetzte mechanische Zwangslüftung sorgt immer und überall für frische Luft. Für die Pflegedienstleitung bedeutet das eine erhebliche Arbeits- und Zeiteinsparung für das Personal. „Lästige Lüftungspläne, Zugluft und Geruchbelästigungen gehören damit der Vergangenheit an“, erklärt der technische Leiter Wolfgang Freitag die Anschaffung. „Zusammen mit der Beleuchtungsanlage zeichnen diese Errungenschaften die Qualität unseres Hauses in besonderem Maße aus. In Seniorenheimen ist das heute leider noch lange keine Selbstverständlichkeit.“

Schwerstpflegebedürftige, Bewohner im Spätstadium der Demenz oder dauerhaft immobile Patienten finden im Altenburgblick in den Pflegeoasen nach Schweizer Vorbild besondere Aufmerksamkeit und Zuwendung in der letzten Lebensphase. Die Oasen sind mit jeweils vier Plätzen ausgestattet, um der Gefahr der Vereinsamung der Schwersterkrankten entgegen zu wirken. Das bewusste Zusammenlegen erfolgte nach neuesten geriatrischen Forschungsergebnissen: Patienten benötigen in dieser Phase die Anwesenheit und Nähe anderer Menschen. Weiterer Vorteil: durch die ständige Präsenz des Pflegepersonals können die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen sofort erkannt und befriedigt werden. Das Besondere beim Pflegekonzept im Haus Altenburgblick: Die Patienten können durch moderne Aufstehbetten auf die angrenzende Terrasse bzw. Dachterrasse ins Freie geschoben werden und so das Tageslicht und den pulsierenden Alltag rund um das Haus miterleben.
Daneben legten die Betreiber hier besonderen Wert auf eine tageslichtähnliche Kunstlichtlösung: die Beleuchtungsanlage sorgt durch circadianes Licht für einen natürlichen Lichtverlauf in den Pflegeoasen. Das blendfreie Aktivlicht der Großflächenleuchte Econe Hybrid mobilisiert die Patienten soweit wie möglich, erleichtert dem Personal die Pflege und bietet das notwendige Licht bei medizinischen Einsätzen. Die Verbindung von mehr Licht und dem richtigen Licht mit der durchdachten Innenarchitektur, dem Pflegekonzept nach neuesten geriatrischen Erkenntnissen und der persönlichen Betreuung durch geschultes Personal bildet das Gesamtkonzept für das Haus Altenburgblick in Bamberg. Für Lebensqualität bis ins hohe Alter.

Text: Cordula Lübbehusen / Bamberg 

www.rzb.de
 

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